Bahnhofsviertel – ein Stadtteil mit zwei Gesichtern

Kein anderes Stadtviertel von Frankfurt hat außerhalb der Stadt einen so schlechten Ruf wie das Bahnhofsviertel. Verbrecher sind dort zu Hause, Drogensüchtige leben auf der Straße und in der Elbe- wie auch in der Niddastraße liegt das berüchtigte Rotlichtviertel der Stadt. Das ist aber nur eine Seite des Bahnhofsviertels, die andere Seite ist ein lebhaftes Viertel im Schatten der Banktürme, das sich seine Gutbürgerlichkeit bewahrt hat. Kleine Händler und Läden sind im Bahnhofsviertel zu finden, hübsche Häuser aus der Gründerzeit stehen dort und es gibt sogar Grünanlagen, die zum Spazieren gehen einladen.

Das Bahnhofsviertel in Zahlen

Nach dem Altstadtviertel ist das Bahnhofsviertel der zweitkleinste Stadtteil von Frankfurt:

Einwohner: 3784
Fläche: 0,53 Quadratkilometer
Stadtteil seit: 1866
Gehört zum Ortsteil: Innenstadt I

Die wechselvolle Geschichte des Bahnhofsviertels

Auch wenn es heute nicht mehr vorstellbar ist, aber im 19. Jahrhundert war das heutige Bahnhofsviertel von Frankfurt kaum bebaut. Es gab einige vereinzelte Gutshöfe direkt am Main und wenige Landhäuser der reichen Bürger und Adligen, allerdings stand in dieser Brachlandschaft der Galgen. Weil das Gelände nicht durch die Stadtmauern geschützt war, gab es lange Zeit keine Pläne für die Bebauung. Dann kam das Industriezeitalter und mit ihm kamen die prächtigen Villen mit den großen Gärten. Der Galgen verschwand und als 1839 die Taunusbahn ihren Betrieb aufnahm, entstand der erste Frankfurter Bahnhof. Dort, wo keine Gleise lagen, gab es Bebauungspläne. Es entstanden breite Boulevards wie die Taunus- oder die Kaiserstraße, aber auch kleine Straßen wie Mosel- oder die Elbestraße. Da das Bahnhofsviertel im Zweiten Weltkrieg nicht so stark beschädigt wurde, entwickelte sich dort während der Besatzung durch die amerikanischen Streitkräfte schnell ein reges Nachtleben.

Das Problemviertel

Aus dem regen Nachtleben entwickelte sich in den 1960er Jahren immer mehr ein Rotlichtbezirk, der zum schlechten Ruf des Bahnhofsviertels beitrug. Zwanzig Jahre später kam dazu noch eine sehr aktive Drogenszene und in den 1990er Jahren galt das Bahnhofsviertel endgültig als ein sozialer Brennpunkt mitten in der Frankfurter City. Kriminalität zeichnete das Viertel aus und von Gutbürgerlichkeit war nichts mehr zu sehen. Zwar versuchte die Stadt, die schönen alten Häuser aus der Gründerzeit zu sanieren, um das Straßenbild attraktiver zu gestalten, aber das Bahnhofsviertel behielt seinen schlechten Ruf und galt als zumindest zeitweise als „No-go-Area“. Jetzt reagierte die Stadt und richtete sogenannte Druckräume für die Rauschgiftsüchtigen ein und durch soziale Auffangeinrichtungen wurde das Rauschgiftproblem weiter eingedämmt. Das hatte Erfolg und seit der Jahrtausendwende sind die Drogenabhängigen weitgehend aus dem Straßenbild des Bahnhofsviertels verschwunden. Was es aber nach wie vor gibt, das ist Prostitution und der Handel mit Drogen. Dazu kommt seit 2015 ein sehr hoher Anteil (60 Prozent) an Ausländern, die immer wieder die Polizei beschäftigen.

Die Sehenswürdigkeiten im Bahnhofsviertel

Die breiten Boulevards verleihen dem Frankfurter Bahnhofsviertel bis heute den Charme einer Metropole. Imposant sind die Wolkenkratzer wie der Silberturm am Jürgen-Ponto-Platz und das Gallileo, ein 136 Meter hohes Hochhaus an der Kaiserstraße, das zur Commerzbank gehört. In der Taunusstraße steht der Skyper, ein markantes dreiteiliges Gebäudeensemble. Zu diesem sehenswerten Ensemble gehören die „Skyper Villa“, die 1915 im neoklassizistischen Stil erbaut wurde, das 153 Meter hohe Skyper-Hochhaus und das „Skyper-Carré“, ein Wohn- und Geschäftsgebäude. Sehenswert sind im Bahnhofsviertel jedoch nicht nur die Gebäude, es gibt auch eine Reihe von schönen Parkanlagen. Am Ufer des Mains liegt das Nizza, eine der vielleicht schönsten, aber mit Sicherheit beliebtesten Grünanlagen der Stadt Frankfurt. Als 1860 ein Seitenarm des Mains verlandete, legte der damalige Stadtgärtner Sebastian Rinz dort eine Grünanlage an. Da die Vegetation an das Mittelmeer erinnerte, nannten die Frankfurter den Park bald Nizza.

Museen und Kirchen

Da das Bahnhofsviertel ein wahrer Schmelztiegel an Menschen und Kulturen ist, sind in diesem multikulturellen Viertel alle Religionen zu finden. Etwas ganz Besonderes ist die Weißfrauenkirche in der Gutleutstraße. Die schöne Kirche stammt zwar aus den 1950er Jahren, aber im Inneren gibt es einige sehr gut erhaltene barocke Grabplatten. Im Bahnhofsviertel gibt es zudem ein islamisches Kulturzentrum mit einer Moschee und eine Freimauerloge, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammt. In der Münchner Straße ist das erste Museum zu sehen, das im Bahnhofsviertel entstand und in seiner Art in Deutschland einzigartig ist. Das Hammermuseum öffnete 2005 seine Pforten und zeigt, wie der Name des schon verrät, eine Sammlung an Hämmern. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um gewöhnliche Hämmer, sondern um Werkzeuge mit einem Bezug zur Kunst. Daher ist das Museum nicht nur für Heimwerker von Interesse, auch für Kunstfreunde ist die Sammlung attraktiv.

Die wirtschaftliche Lage im Bahnhofsviertel

Für die Frankfurter Wirtschaft ist das Bahnhofsviertel von großer Bedeutung. Einer der Schwerpunkte ist die Gastronomie, auch der Einzelhandel trägt zum wirtschaftlichen Erfolg des Viertels bei. Da viele verschiedene Nationen im Bahnhofsviertel zu Hause sind, gibt es eine Vielzahl an ausländischen Restaurants, Imbissständen und auch Lebensmittelgeschäften. Sie alle leben vom Durchgangsverkehr durch das Bahnhofsviertel in Richtung Innenstadt. Beim Umsatz der Geschäfte und Lokale macht sich auch die unmittelbare Nähe des Hauptbahnhofs bemerkbar. Nicht nur für die Touristen stellt das Viertel ein Drehkreuz dar, auch die vielen Pendler aus dem Rhein-Main-Gebiet kaufen gerne im Viertel ein oder gehen dort am Wochenende aus. In der Nachkriegszeit gehörte das Bahnhofsviertel neben New York und London zu den bedeutendsten Pelzhandelszentren der Welt. Zwar gibt es noch einige Betriebe, die Pelze verarbeiten, aber für die Wirtschaft sind sie nicht mehr von Bedeutung. Ein weiterer Wirtschaftsfaktor ist auch der Rotlichtbezirk, der sich in der Hauptsache auf die Taunusstraße konzentriert. Insgesamt gibt es im Frankfurter Rotlichtbezirk im Bahnhofsviertel 14 Bordelle.

Das Frankfurter Bahnhofsviertel hat eine lange Geschichte und es ist den Bürgern der Stadt ans Herz gewachsen. In früheren Zeiten lebten kleine Leute in den zum Teil sehr schön sanierten Häusern aus der Gründerzeit. Heute macht sich auch in diesem alten Stadtviertel die Gentrifizierung mehr und mehr bemerkbar. Die Häuser sind vielfach im Besitz von Spekulanten, die aus den alten Wohnungen schicke, moderne Apartments machen und diese teuer vermieten. Die Neubauprojekte sind ebenfalls für gut betuchte Mieter gedacht oder als Eigentumswohnungen im Besitz von Bankern, die in der City arbeiten. Trotzdem ist das Bahnhofsviertel für seine Bewohner immer noch ein Viertel zum Wohlfühlen.

Beitragsbild: @ depositphotos.com / Lesniewski

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