Praunheim – eine von Architekten geplante Idylle

Ganz Frankfurt ist ein Werk von fähigen Architekten, die Visionen hatten. Das gilt ganz besonders für Praunheim, einen Stadtteil, der auf dem Reißbrett unter dem Namen „Neues Frankfurt“ entstand. Ernst May, der Architekt, der wie kein anderer das Bild Frankfurts geprägt hat, war für den Bau von Praunheim verantwortlich und er ließ einen Stadtteil bauen, der bis heute nichts von seinem Reiz verloren hat. Praunheim, das sind gut durchdachte Siedlungsbauten und zufriedene Bewohner, die ihren Stadtteil lieben, es ist eine Idylle in der Stadt.

Praunheim in Zahlen

Praunheim liegt im Westen von Frankfurt. Dort leben relativ viele Menschen auf einem relativ kleinen Raum.
Einwohner: 16.520
Fläche: 4,5 Quadratmeter
Stadtteil seit: 1910
Gehört zum Ortsteil: Mitte-West

Praunheim und seine Geschichte

Dort, wo heute Praunheim steht, gab es vor 6000 Jahren schon einmal eine Siedlung. Bei Ausgrabungen kamen dann römische Militärlager ans Tageslicht und es waren die Römer, die dem heutigen Stadtteil seinen Namen gegeben haben. Das Wort Praunheim geht auf das lateinische Wort „Prunus“ für Pflaume zurück. In einer Urkunde findet Praunheim erstmals als „Brunheim“ im Jahre 804 Erwähnung. Im Mittelalter wechselte Praunheim ständig zwischen der Grafschaft Hanau-Münzenberg, den Grafen von Solms und Frankfurt Hin und Her, wie viele andere Frankfurter Stadtteile auch. Zwischen 1806 und 1810 war Praunheim sogar mal ein Teil des Kaiserreichs Frankreich, kam dann zu Kurhessen und schließlich zum Landkreis Hanau. Seit dem 1. April 1910 ist Praunheim ein Teil von Frankfurt und aus dem Dorf, das 1609 nur 293 Einwohner hatte, wurde eine stattliche Gemeinde, die heute mehr als 16.500 Bewohner hat.

Das neue Frankfurt

Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte in Frankfurt große Wohnungsnot. Die Stadt startete daher ein Programm, das sich das „Neue Frankfurt“ nannte. Auf den Feldern und Äckern im Westen der Stadt entstand eine neue Siedlung, die den Namen Praunheim bekam. Aber so recht wollte das Projekt nicht gelingen, denn die auf einem zum Niddatal abfallenden Hang, dem Berg Ebel gebauten Häuser boten einen mehr als tristen Anblick. Um dem Ganzen ein wenig Farbe zu geben, gab es einen sogenannten „Heimstättenvertrag“. In diesem Vertrag legte die Stadt Frankfurt fest, in welcher Farbe die Bewohner ihre Häuser streichen mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt sich allerdings niemand mehr an die Auflagen der Stadt. Heute ist das „Neue Frankfurt“ ein sehr buntes Frankfurt. Was die Architektur angeht, sehen die Häuser einheitlich aus, aber die Fassaden strahlen in allen Regenbogenfarben.

Ein Heim für den Biber

Biber sind geniale Baumeister, aber leider fehlt den Nagetieren in Deutschland immer mehr der Platz für ihre „Bauarbeiten“. Im Süden von Praunheim finden Biber allerdings ein Paradies. Das Paradies liegt in den Niddaauen und in einem Altarm des Flusses. Diese besondere Naturkulisse lockte zur Bundesgartenschau 1989 viele Besucher nach Praunheim. Seit sich der Rummel gelegt hat, sind Biber in diese Idylle eingezogen. Für Naturschützer ist das ein Beweis dafür, dass die Renaturierung der Nidda eine gute Entscheidung war. Der Biber findet in den Niddaauen alles, was er zum Leben braucht, zudem gibt es für die Tiere am Ufer ausreichend Baumaterial für ihre Arbeiten.

Die Zehntscheune – ein Stück Praunheimer Geschichte

Zu den historischen Gebäuden in Praunheim gehört die Zehntscheune. Die Scheune soll aus dem 18. Jahrhundert stammen, es gibt aber Quellen, die sich sicher sind, dass die Scheune bereits im 14. Jahrhundert erbaut wurde. Das eingeschossige Gebäude aus Bruchsteinen hat ein Satteldach und diente früher als eine Art Abgabestelle für den Zehnten. Die Bauern mussten im Mittelalter den sogenannten Zehnten abgeben, entweder als einen Teil der Ernte oder als Vieh. Als die Scheune ihre eigentliche Funktion verlor, diente sie zuerst als Gefängnis, dann als Leichenhalle und schließlich als Garage für die Feuerwehrwagen von Praunheim. In den 1990er Jahren tagte der Ortsbeirat in der Zehntscheune, dann hatte der Bürgerverein dort seinen Sitz. Seit 1985 spielt die Scheune im Veranstaltungskalender von Praunheim eine wichtige Rolle, denn um die Restaurierung zu feiern, gibt es jedes Jahr ein Scheunenfest.

Alles neu machte May

Kein anderer Architekt hat das Aussehen der Frankfurter Stadtteile so geprägt wie Ernst May. Der Siedlungsdezernent und Stadtbaurat bekam 1925 den Auftrag, Praunheim zu gestalten. Vor allem die Heerstraße, die zum Städtebauprogramm „Neues Frankfurt“ gehörte, war eine Herausforderung für Ernst May. In den zehn Jahren zwischen 1920 und 1930 hatten mehr als 30.000 Menschen in Frankfurt keine Wohnung. In den sogenannten „Reichsheimstätten“ bekamen Kriegsteilnehmer aus dem Ersten Weltkrieg, die Witwen von gefallenen Soldaten und Familien mit vielen Kindern eine neue Heimat. Als nach den Entwürfen von Ernst May 12.000 Wohnungen entstanden, gaben viele Frankfurter ihre Altbauwohnungen auf und zogen in die neuen Siedlungen. May ließ 2000 Wohnungen mehr bauen als ursprünglich geplant waren und er setzte neue Standards für den Wohnungs- und Siedlungsbau in Deutschland. Vor allem seine „Frankfurter Küche“ ist bis heute ein Beispiel für eine durchdachte Einbauküche.

Sehenswertes in Praunheim

Praunheim hat einige Sehenswürdigkeiten. Dazu gehört unter anderem die Auferstehungskirche, die 1773 entstand. Bei der evangelischen Kirche handelt es sich um einen eindrucksvollen Saalbau im barocken Stil. Sehenswert ist auch eine Vielzahl von schönen Fachwerkhäusern aus dem 18. Jahrhundert, die heute als Wohnhäuser dienen. Von Ernst May stammt auch die Siedlung Westhausen, die zwischen 1929 und 1931 erbaut wurde. Zusammen mit Max Bromme, dem Gartenbaudirektor der Stadt Frankfurt, schuf May mit der Siedlung ein Gesamtkunstwerk, in dem sich heute 1116 Mietwohnungen befinden, die alle mit einer Frankfurter Küche ausgestattet sind. Alle, die sich für Vespas begeistern können, sollten das Vespa-Museum in Praunheim besuchen. In dem kleinen Museum dreht sich alles rund um den kultigen Roller aus Italien. Es ist jeden ersten Dienstag im Monat immer zwischen 10:00 Uhr und 16:00 Uhr geöffnet.

Praunheim ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie moderne Siedlungen aussehen sollten. Es sind die Siedlung Westhausen oder auch die Siedlung Ebelfeld, die Maßstäbe für den bundesweiten Siedlungsbau geschaffen haben. Bis heute bestimmen die Siedlungen zusammen mit den sorgfältig restaurierten Fachwerkhäusern das Bild von Praunheim im Frankfurter Westen. Verkehrstechnisch ist Praunheim sehr gut an Frankfurt gebunden. Die Bewohner kommen mit der U-Bahnlinie U6 ebenso nach Frankfurt, wie auch mit den Bussen der Linien 60, 72 und 73. Für alle Nachtschwärmer, die in den Clubs von Frankfurt tanzen wollen, fährt zudem der Nachtbus N2 nach Praunheim.

FOTOCREDIT

Praunheim: 25asd, CC0, via Wikimedia Commons