Niederursel – das Dorf, in dem die Mühlen klapperten

Alles, was die Einwohner von Niederursel in ihrer Ruhe stört, das ist das Quietschen der U-Bahn-Räder und das sanfte Plätschern des Urselbachs. Ansonsten herrscht in Niederursel Ruhe, Idylle und Beschaulichkeit. Der Besucher kann nachempfinden, wie es einst in dem Stadtteil im Nordwesten von Frankfurt war. 34 Mühlen gab es im Dorf, die Menschen stellten Papier her, haben Getreide gemahlen und Tabak getrocknet. Von den vielen Mühlen, die Niederursel einmal reich gemacht haben, sind viele im Laufe der Jahre verschwunden. Nur die Ruhe gibt es noch, jedoch fürchten die Einwohner, dass es damit bald vorbei sein könnte.

Niederursel in Zahlen

Bis heute hat sich Niederursel seinen ländlichen Charakter bewahrt und das macht den Stadtteil so attraktiv.
Einwohner: 16.070
Fläche: 7,2 Quadratkilometer
Stadtteil seit: 1910
Gehört zum Ortsteil: Süd

Eine bewegte Vergangenheit

Niederursel hat eine bewegte und wechselvolle Geschichte hinter sich, was zwei Rathäuser bezeugen. Einst war das Dorf Zankapfel zwischen der Stadt Frankfurt und den Grafen von Solms-Rödelheim. Da keine der beiden Parteien nachgeben wollte, teilten sie Niederursel kurzerhand unter sich auf, jeder Teil bekam ein eigenes Rathaus. Erst 1833 sorgte Preußen dafür, dass Niederursel wieder vereint wurde. Die eigentliche Geschichte der kleinen Gemeinde beginnt jedoch schon viel früher, nämlich 1132. In diesem Jahr findet Niederursel zum ersten Mal Erwähnung, gut 300 Jahre später erfolgt die erste Teilung des Dorfes. 1437 teilt der Vogt des Königs den Ort Niederursel, einen Teil bekommt die Stadt Frankfurt und den anderen Teil erhält der Ritter von Kronberg. Damals lebten in Niederursel nur 21 Menschen, bei der zweiten Teilung 1721 waren es schon einige mehr. Der Ortsteil, der heute Alt-Niederursel heißt, galt damals als Trennlinie. Für den Süden waren die Grafen von Solms-Rödelheim zuständig, für den Norden war es die Stadt Frankfurt. 1899 gab es eine Wiedervereinigung und 1910 kam Niederursel zu Frankfurt.

Die Bewohner fürchten um ihre Ruhe

Lange Jahre war es ruhig in Niederursel. Als es immer mehr Autos auf den Straßen gab, bekam Niederursel ein großes Problem: Tausende von Autos verstopften jeden Tag den alten Ortsteil und von Ruhe konnte keine Rede mehr sein. Letztendlich hatte die Stadt Frankfurt ein Einsehen und ließ eine Umgehungsstraße bauen. Schlagartig kehrte in Niederursel wieder die gewohnte Ruhe ein. Jetzt fürchten die Bewohner des Stadtteils allerdings, dass die Zeiten mit dem starken Durchgangsverkehr bald wieder kommen. Frankfurt plant, auf einigen Feldern zwischen Praunheim, Steinbach und Niederursel einen neuen Stadtteil zu bauen. 30.000 Menschen sollen dort wohnen und das weckt in den Dorfbewohnern aus Niederursel den Widerspruchsgeist. Schon heute ist Niederursel kein kleiner Stadtteil, selbst wenn das die dörfliche Idylle vielleicht vermittelt. Auf einer Fläche von nur acht Quadratkilometern leben immerhin 15.000 Menschen.

Die beiden Rathäuser und andere Sehenswürdigkeiten

Zu den Sehenswürdigkeiten in Niederursel gehören die beiden Rathäuser. Das sogenannte „Frankfurter Rathaus“ entstand im Jahre 1716 im barocken Stil, mit viel Zierrat am Fachwerk und den Sturzbalken. Das andere Rathaus ist das zwei Jahre später gebaute „Solms-Rödelheimische“ Rathaus. Es ist ebenfalls im Barockstil gebaut und steht, was den Zierrat angeht, dem „Frankfurter Rathaus“ in nichts nach. Die beiden Rathäuser trennen nur wenige Meter Fußweg voneinander und sie gehören zu den schönsten Sehenswürdigkeiten von Niederursel. Eine ganz andere Sehenswürdigkeit ist der „Gehorsam“, eine Prangerkette an der früheren Sankt Georgskapelle. Von der Kapelle stehen nur noch die Grundmauern, aber die Prangerkette gibt es noch. Zum Gespött der Bürger von Niederursel legte man die Verbrecher am Tag an die Kette, die Nacht verbrachten sie im sogenannten „dunklen Loch“ hinter der Tür, an der die Kette hängt.

Die schöne Kirche

Der Name Gustav-Adolf-Kirche erinnert an eine schwere Zeit und ein trauriges Kapital in der Geschichte von Niederursel. Zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert erlebte das Dorf viele Schicksalsschläge. Zuerst kam die Pest, dann gab es mehrere große Brände und schließlich erreichte der Dreißigjährige Krieg Niederursel. Der schwedische König Gustav Adolf spielte für das Dorf in Hessen eine besondere Rolle, denn er verteidigte das evangelische Lager gegen die kaiserlichen Truppen und die katholische Liga. Als 1928 die evangelische Pfarrkirche von Niederursel erbaut wird, bekommt sie den Namen des Schwedenkönigs. Die Kirche war aufgrund ihrer ungewöhnlichen Planung lange Zeit umstritten. Geplant von Martin Elsaesser, bekam die Kirche einen achteckigen Grundriss und ein vollständig aus Beton gegossenes Dach. Der Architekt integrierte die alte Georgskapelle in die neue Kirche. So blieben das Kruzifix, die in Holz kunstvoll geschnitzten Schriftbänder aus dem Jahre 1613, der Türsturz im romanischen Stil, ein Fenster sowie das Verlies und die Prangerkette erhalten.

Die alten Mühlen

34 Mühlen gab es einmal in Niederursel, einige haben die Zeit überdauert und stehen heute noch im Stadtteil. So auch die frühere Tabakmühle, die heute als Wohnhaus dient oder die Schilasmühle, in der heute ein Betrieb untergebracht ist. Auf dem Hofgut Obermühle steht ebenfalls eine denkmalgeschützte Mühle, außerdem befinden sich auf dem Gelände heute fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 35 Eigentumswohnungen. Ähnlich alt wie die Mühlen sind auch die Fachwerkhäuser im alten Ortskern von Niederursel. Wunderschön sind besonders die alten Fassaden, von denen die Älteste aus dem Jahre 1581 stammt. Ein schönes Beispiel für liebevoll saniertes Fachwerk ist die Begegnungsstätte „Der Hof“. Anthroposophen betreiben den Hof, auf dem heute Seminare und Vorträge zu unterschiedlichen Themen wie Gesundheit, Pädagogik und Kultur stattfinden. Auf dem Gelände befindet sich zudem ein Naturkostladen, eine Bildhauerwerkstatt sowie die Praxen von Therapeuten und Ärzten.

Niederursel ist immer noch ein Dorf in der Stadt und strahlt eine herrliche Ruhe aus. Da die Infrastruktur stimmt, fühlen sich auch junge Leute im Stadtteil wohl. Wer nach Frankfurt will, der profitiert von den ausgezeichneten Verkehrsverbindungen. Gleich vier U-Bahnlinien (U2, U3, U8 und U9) fahren nach Frankfurt, wie auch die Buslinien 29, 71, 72, 73, 251 sowie die beiden Nachtbusse n2 und n3. Gut ist auch die Verbindung in die benachbarten Stadtteile wie Eschersheim, Heddernheim, Kalbach-Riedberg, Praunheim oder Steinbach im Taunus. Was Niederursel so attraktiv macht, das ist die schöne Umgebung. Der Taunus als Naherholungsgebiet ist nicht weit und auch auf den 18,5 Kilometern, die der Urselbach durch Niederursel fließt, finden sich viele schöne Wege, die zum Spazieren gehen einladen.

FOTOCREDIT

Niederursel: Daviidos, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons