Bernemer Kerb – ein Fest mit Tradition und Geschichte

Alle, die außerhalb von Hessen auf die Welt gekommen sind, können nicht wissen, was eine sogenannte Kerb ist. Wenn in Frankfurt die Bernemer Kerb im Kalender steht, dann handelt es sich dabei um eine Kirchweih oder wenn man es moderner ausdrücken will, um eine Art Jahrmarkt oder Kirmes. Im Unterschied zu einer klassischen Kirmes gibt es aber rund um eine Kirchweih sehr viele Traditionen und ein reiches Brauchtum. Das ist auch bei der Bernemer Kerb der Fall, die es in Frankfurt seit mehr als 400 Jahren gibt.

Die Anfänge der Bernemer Kerb

Im Jahre 1608 berichtet der Historiker Achilles-August von Lersner über ein Fest, das „erstmals am 20. April“, einem Ostermontag stattfand. Das lässt darauf schließen, dass dieses Fest eine noch längere Geschichte hat. Wenn die Historiker recht haben, dann kann es sein, dass die Menschen in Bornheim schon im 12., vielleicht sogar schon im 6. Jahrhundert gefeiert haben. 1932 ging es darum, das beliebte Volksfest zu erhalten, es erfolgte die Gründung der „Bernemer Kerwe Gesellschaft. Diese geht vom Jahr 1608 als Geburtsstunde der Bernemer Kerb aus, denn dieses Datum lässt sich belegen. Fest steht auch, dass in späteren Jahren die Kerb auf den Sonntag zwischen Laurentius und Maria Himmelfahrt, also in den August verlegt wurde. Dabei ist es bis heute geblieben.

Goethe war auch schon da

Kirchweihfeste standen im Mittelalter in der Beliebtheitsskala nicht allzu weit oben. Oftmals mussten die Menschen auf ihr Fest verzichten, wenn die Politik oder der Klerus „moralische Bedenken“ hatten. Am Ende des 17. Jahrhunderts traf es einmal mehr die Bernemer Kerb, die mittels eines öffentlichen Dekrets untersagt wurde. Im Jahre 1812 wurde das Dekret wieder aufgehoben, vielleicht, weil sich die Kirchweih in Bornheim zu einem der beliebtesten Feste in Frankfurt entwickelt hatte. Der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe besuchte als gebürtiger Frankfurter selbstverständlich auch die Bernemer Kerb. Ein gern gesehener Gast auf der Kerb in Bornheim war auch der preußische Abgeordnete Otto von Bismarck. In den beiden Weltkriegen fiel die Kerb zwar aus, heute sind die Bornheimer jedoch sehr stolz auf die lange Geschichte der Kirchweih.

Was gehört alles zur echten Bernemer Kerb?

Die Bernemer Kerb ist nicht einfach nur ein Volksfest, die Bernemer Kerb hat eine lange Tradition und sie braucht einige wichtige „Zutaten“. Da gibt es den Kerwebaum, die Lisbeth und den Gickelschmiss. Der Kerwebaum ist immer eine Fichte, die am Kerwesamstag aus dem Stadtwald geholt wird. Den Kerweburschen, die für den Baum zuständig sind, stehen sowohl erfahrene Waldarbeiter als auch der Förster helfend zu Seite. Nach einem Frühstück im Wald mit Bier vom Fass wird der Kerwebaum dann zum Festplatz gefahren. Dort erwartet ihn ein zwei Meter tiefes Loch, in dem zwei Hülsen aus Beton stecken, die dem Kerwebaum den nötigen Halt geben. So wichtig wie der Kerwebaum ist auch die Kerwelisbeth, die am Bernemer Mittwoch verbrannt wird. Was sich so martialisch anhört, ist in Wirklichkeit nicht schlimm. Die Kerwelisbeth ist nur eine symbolische Figur, ähnlich wie der Hoppeditz im Karneval, der ja am Aschermittwoch auch auf den Scheiterhaufen muss.

Die Legende der Kerwelisbeth

Die Legende der Kerwelisbeth beginnt im 17. Jahrhundert in einem kleinen Dorf nahe Frankfurt. In der Gemeinde lebten damals knapp 1000 Menschen, die gerne feierten. Hochzeiten und Kindstaufen, Geburtstage und vor allem die alljährliche Kirchweih gehörten zu den beliebten Abwechslungen in schweren Zeiten. Im Dorf lebte auch ein Mann, der wenig Glück mit seiner Ehefrau hatte. Sie keifte, meckerte, wusste alles besser, war schmuddelig und alles andere als eine liebende Gattin. Auf der Kirchweih klagte der Mann den Nachbarn sein Leid. Daraufhin beschlossen die Nachbarn, die Lisbeth, so hieß die streitbare Ehefrau, für die Dauer der Kerb einzusperren. Aber ganz gleich, wo die Nachbarn die Lisbeth auch einsperrten, ihr ohrenbetäubendes Geschrei und Gekreische war überall zu hören. Da kamen sie auf die Idee, die Lisbeth im Wald an einen Baum zu binden. Sie fanden mitten im Buchenwald eine einsame Fichte, entfernten die Rinde des Baums, damit keine Raubtiere am Stamm nach oben klettern konnten. Anschließend banden sie die Lisbeth an einem der höchsten Äste fest. Dort keifte sie weiter, aber die Nachbarn und ihr Mann feierten eine fröhliche Kirchweih. Plötzlich zog ein schweres Gewitter auf und der Blitz schlug in die Fichte ein, auf der die Lisbeth saß. Seit dieser Zeit gehört zu jeder Bernemer Kerb eine Fichte ohne Rinde, die an die Lisbeth erinnern soll.

Was hat es mit dem Gickelschmiss auf sich?

Neben dem Kerwebaum und der Lisbeth darf bei der Bernemer Kerb auch der Gickelschmiss nicht fehlen. Übersetzen lässt sich Gickelschmiss mit „Hahnenschlagen“, aber keine Angst, dem Federvieh passiert nichts. Heute spielen bei diesem Brauch ein Dreschflegel und ein Tontopf die Hauptrollen. Derjenige, der schlagen soll, bekommt die Augen verbunden und wird dann dreimal um die eigene Achse gedreht, damit er die Orientierung verliert. Dann muss er versuchen, mit dem Dreschflegel den Topf zu treffen. Gelingt ihm das, winkt als Preis ein echter Hahn. Auch hier gibt es eine Geschichte aus längst vergangenen Zeiten. So soll ein fröhlicher Zecher auf dem Heimweg von der Bernemer Kerb beim Versuch, sein Bett im elterlichen Haus möglichst geräuschlos zu erreichen, über einen Hahn gestolpert sein, der daraufhin laut anfing zu krähen. Um ihn zum Schweigen zu bringen, schlug der Mann mit dem Dreschflegel in Richtung des Hahns, traf aber nur einen Topf aus Steingut, der mit lautem Krachen zerbrach.

In diesem Jahr findet die 411. Bernemer Kerb statt und sie dauert, wie es die Tradition verlangt, vom 10. bis zum 15. August. Neben einem geselligen Frühshoppen, dem Aufstellen des Kerbebaums, dem Gickelschmiss und dem Verbrennen der Lisbeth gibt es einen großen Festumzug, Livemusik und ein buntes Treiben auf dem Kerschplatz. Ganz Bornheim ist während der Bernemer Kerb auf den Beinen, um für ein unvergessliches Fest zu sorgen. Wenn die Lisbeth ihren erhöhten Ehrenplatz am Kerwebaum eingenommen hat, der Äbbelwoi in den Bembeln die richtige Trinktemperatur bekommt und die viele Stände rund um die Bornheimer Kirchweih ihre Waren präsentieren, dann wissen die Einheimischen und Besucher: Es ist wieder Kerb und die ganz Frankfurt freut sich auf die Feier.