Niederrad – ein Ort und viele Gegensätze
Wer nach Niederrad kommt, der wird sich über die Kontraste in diesem Frankfurter Stadtteil wundern, die nicht zu übersehen sind. Im Süden von Niederrad erstreckt sich ein ausgedehntes Villenviertel, während das Mainfeld so etwas wie das soziale Sorgenkind des Stadtteils ist. Niederrad ist bunt und das verdankt die kleine Gemeinde den vielen städtebaulichen Experimenten, denn viele Architekten haben sich hier ausgetobt. Bei Familien mit Kindern ist Niederrad in hohem Maße beliebt, denn es gibt viele Grünflächen und was noch wichtiger ist, bezahlbaren Wohnraum.
Niederrad in Zahlen
Niederrad liegt im Süden von Frankfurt und war eines der Dörfer, die bereits früh zu Frankfurt kamen.
Einwohner: | 23.900 |
Fläche: | 2,93 |
Stadtteil seit: | 1900 |
Gehört zum Ortsteil: | Süd |
Die Niederrader Historie
Im Jahr 1151 taucht der Name Niederrad zum ersten Mal in schriftlicher Form auf. Damals ist von einem Wäscherdorf die Rede und dieser Name kommt nicht von Ungefähr. Das weiche Wasser war ideal für die Wäschereibetriebe und das brachte dem Dorf einen bescheidenen Wohlstand. Aber nicht nur die saubere Wäsche machte Niederrad bekannt, der Ort macht sich auch als Ausflugsziel für die Frankfurter schnell einen guten Namen. Schon im 18. Jahrhundert gab es viele Gasthäuser und das Oberforsthaus, das der Mittelpunkt am „Wäldchestag“ ist. In den 1920er Jahren bekommt Niederrad aus architektonischer Sicht ein neues Image und mit „Zickzack-Hausen“ auch gleich einen neuen Beinamen. Schuld an diesem Namen ist der Architekt und Stadtplaner Ernst May. Er entwarf und verwirklichte für das Großprojekt Frankfurt in Niederrad eine winklige Fassadenordnung. Diese etwas gewöhnungsbedürftige Planung sieht aus wie ein Zickzack-Muster und machte die Häuser in Niederrad weit über ihre Grenzen hinaus bekannt.
Niederrad erfindet sich neu
Im Zweiten Weltkrieg bekommt Niederrad von den Bomben der Alliierten einiges ab. Nach dem Krieg gibt es daher eine zweite Stadtplanung und diese wird vor allem von der Adolf-Miersch-Siedlung geprägt. Zusammen mit den Nassauischen Heimstätten ist die Siedlung schnell zum sozialen Brennpunkt von Niederrad geworden. Dann wird das direkt am Main gelegene Mainfeld bebaut, das bis heute eines der sozialen Sorgenkinder in Niederrad ist. Die ABG Frankfurt-Holding als Bauträger hat die Gefahren erkannt, die von diesen großen Siedlungen ausgehen. Um eine Gettoisierung zu verhindern, hat die Holding auf eine Durchmischung gesetzt. Eine gute Durchmischung ist auch heute noch das Ziel der Siedlungen, selbst wenn die Bewohner das nicht möchten. Sie haben unter anderem Angst vor einer Entmietung. Nur wenige Kilometer vom Frankfurter Flughafen entfernt, liegt in Sichtweite des Stadtwalds ein ausgedehntes Viertel, in dem fast ausschließlich Villen stehen. Quasi als Trennlinie zwischen den Siedlungen und dem Villenviertel finden sich Wohnanlagen aus den 1920er und 1950er Jahren, die einen eigenwilligen nostalgischen Charme haben.
Alles, was die Bewohner brauchen
Wer in Niederrad wohnt und einkaufen möchte, der muss nicht nach Frankfurt fahren, es gibt schließlich die Bruchfeldstraße. Sie ist die Lebensader, die sich durch Niederrad zieht, dort gibt es alles, was für das tägliche Leben gebraucht wird. An der Bruchfeldstraße sind große und kleine Geschäfte, Restaurants, Cafés und Handwerksbetriebe zu finden. Die bekannten Supermarkt- und Discounterketten haben ihre Läden an den westlichen Stadtrand von Niederrad verlagert. Große Infrastrukturprogramme oder Gewerbegebiete sind in Niederrad in naher Zukunft jedoch nicht geplant. Es gibt aber einige Baumaßnahmen, wie beispielsweise eine neue zusätzliche Bahntrasse im Westen des Stadtteils. Verkehrstechnisch ist Niederrad sehr gut an Frankfurt angebunden. Die S-Bahnlinien S7, S8 und S9 fahren nach Frankfurt, ebenso wie die Straßenbahnlinien 12, 15, 19, 20 und 21. Wer mit dem Bus fahren möchte, der nimmt die Linien 51, 61, 78, 79, 80 und nachts die Linie n7 oder n8.
Niederrad – der grüne Stadtteil
Nicht umsonst ist Niederrad besonders bei Familien ein beliebter Stadtteil, denn es gibt viel Grün. Mit dem Carl-von-Weinberg-Park, der einen tollen Waldspielplatz hat, dem Elli-Lucht-Park und dem Licht- und Luftbad Niederrad gibt es gleich drei attraktive Grünanlagen. Wie wichtig den Niederradern ihre Parks sind, das zeigt auch eine einzigartige Aktion. 2006 wollte der Investor „Fun Forrest“ den Carl-von-Weinberg-Park zu einem Spaß- und Kletterpark machen. Die Besucher hätten aber 18,- Euro Eintritt pro Person zahlen müssen und das wollten die Einwohner von Niederrad nicht. Nach der Bürgerinitiative zog sich der Investor 2007 zurück. Ebenfalls beliebt ist auch der Elli-Lucht-Park mit seinem schönen Baumbestand. Die Kinder lieben den modernen Spielplatz und für die ältere Generation gibt es eine eigene Fitnessanlage. Das Licht- und Luftbad ist ein schöner Park am Ufer des Mains. Wie der Name es schon verrät, sollen die Besucher hier frische Luft und Sonnenlicht tanken. Im 20. Jahrhundert gab es noch ein Schwimmbad im Fluss. Aus dieser Zeit sind nur die hölzernen Baracken erhalten geblieben, die als Umkleidekabinen gedient haben.
Der Wäldchestag
Für viele Frankfurter ist der Dienstag nach Pfingsten immer noch der „Frankfurter Nationalfeiertag“, denn an diesem Dienstag ist der „Wäldchestag“ in Niederrad. Noch bis in die 1990er Jahre war es üblich, dass die vielen Geschäfte in der Mainmetropole am Dienstag nach Pfingsten geschlossen waren. Die Arbeitnehmer hatten frei, um auf den „Wäldchestag“ zu gehen. Das Fest gibt es bereits seit dem 18. Jahrhundert, die Ursprünge sind aber im 14. Jahrhundert zu finden. Im Stadtwald durften die Frankfurter im Mittelalter Holz für den Winter sammeln. Später gab es dann eine Brennholzversteigerung und nach der Auktion gingen die Besucher zum gemütlichen Teil über. Sie brachten Speisen und Getränke mit in den Wald und feierten ein fröhliches Picknick. Johann Wolfgang von Goethe war auf dem „Wäldchestag“ zu Gast. Der Besuch muss ihm gefallen haben, denn er erwähnte das Oberforsthaus in seinem „Faust“. Heute ist der heimliche Nationalfeiertag ein Jahrmarkt mit den entsprechenden Attraktivitäten, aber auch Livemusik und Frankfurter Spezialitäten wie der Handkäs gehören dazu.
Niederrad ist ein liebenswerter Stadtteil, der seinen Bewohnern viele Annehmlichkeiten bietet. Der Stadtteil ist gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden und auch einkaufen ist in Niederrad möglich. Es gibt viele schöne Grünanlagen, Freizeitmöglichkeiten und mit dem „Wäldchestag“ ein Fest, zu dem ganz Frankfurt gerne kommt. Das Einzige, was sich die Menschen in Niederrad wünschen, ist, dass sie weniger Fluglärm vom Frankfurter Flughafen abbekommen. Vor allem der Süden von Niederrad ist vielfach im Fokus, wenn es um Fluglärm geht, denn wenn der Wind ungünstig steht, dann wird es in Niederrad sehr laut.
FOTOCREDIT
Niederrad: Karsten Ratzke, CC0, via Wikimedia Commons