Für die einen ist es einfach nur ein Kiosk, für die anderen eine Art Lebensanschauung – die Rede ist vom Wasserhäuschen. Die Wasserhäuschen sind eine Frankfurter Institution, aber immer mehr dieser Häuschen verschwinden ganz oder verwandeln sich in Nobeladressen mit entsprechenden Preisen. Gab es früher Bier und Schnaps im Wasserhäuschen zu kaufen, so sind es heute Szenegetränke wie Organic Sencha oder Saft aus exotischen Früchten.

Ein Platz für Hipster

Rund 800 Wasserhäuschen gab es nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankfurt. Viele der Häuschen mit den zum Teil wunderschönen Fassaden und Dächern fielen im Laufe der Jahre der Abrissbirne zum Opfer. Nach einer Schätzung des Denkmalschutzamtes gibt es heute noch 300 Wasserhäuschen, private Schätzungen gehen sogar nur von 100 Häuschen aus. Während sich der Denkmalschutz an der tatsächlichen Zahl der Häuschen orientiert, unterscheiden die privaten Historiker zwischen den Original-Wasserhäuschen wie sie schon früher gab und den „neuen“ Häuschen, die sich in einen Platz für Hipster verwandelt haben. Im Wasserhäuschen von früher gibt es Bier und eine Tüte mit Süßigkeiten. Im Wasserhäuschen für Hipster hingegen gibt es eine Vintage Einrichtung, grünen Tee aus Japan und ausgefallene Kuchenkreationen.

Ein Spiegelbild der Gesellschaft

Die Wasserhäuschen wie es sie in der Vergangenheit gab, sind ein Spiegelbild der Gesellschaft und auch eine Art Mikrokosmos. Charakteristisch ist die sogenannte Rundbau-Architektur, die noch aus den 1950er Jahren stammt. Die Idee der Häuschen ist älter, sie stammt aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts. Die Wasserhäuschen waren ursprünglich dazu gedacht, die Bevölkerung in den einzelnen Quartieren mit einer kleinen Auswahl an Lebensmitteln zu versorgen. Später kamen dann Spirituosen, Bier, Zeitungen und Zigaretten dazu. Die kleinen Büdchen haben mit alltäglichen Dingen ausgeholfen, wenn die Supermärkte geschlossen hatten. Dann kamen jedoch die Tankstellen als Konkurrenzunternehmen und auch die liberalisierten Öffnungszeiten. Sie haben dieser Form der Kiosk-Kultur die Daseinsberechtigung genommen, dennoch haben die Häuschen noch nicht ausgedient.

Der Kampf um die Wasserhäuschen

Zwischen den traditionellen Wasserhäuschen mit ihren ursprünglichen Funktionen und den schicken Szene-Treffs gibt es keinen ernsthaften Konkurrenzkampf. Die beiden unterschiedlichen Häuschenformen leben friedlich zusammen, oftmals nur durch eine Straße getrennt. Der Unterschied ist in den Preisen und auch im Ambiente zu finden. Während die „neuen“ Wasserhäuschen auf Retro-Chic und Vintage-Style setzen, sind die traditionellen Wasserhäuschen ein Ort der Gemütlichkeit. Die Flasche Bier kostet in den „alten“ Wasserhäuschen im Schnitt 1,10 Euro, im Szene-Häuschen knapp zwei Euro. Beides ist für Frankfurter Verhältnisse günstig. Auch die hippen Wasserhäuschen wissen um die historische Bedeutung der Kioske und verkaufen die nicht nur bei Kindern so beliebte bunte Tüte mit Süßigkeiten.

Die Zeiten ändern sich, auch für die Frankfurter Wasserhäuschen. Sie sind ein Stück Frankfurter Stadtgeschichte. Auch wenn sie heute ein anderes Aussehen und eine andere Speisekarte haben, bleibt das Prinzip gleich: Die Bürger treffen sich auf eine Tasse Kaffee oder ein Bier, sie tauschen Neuigkeiten aus und plaudern. Die Wasserhäuschen sind ideal, um miteinander ins Gespräch zu kommen, denn sie verkörpern Ungezwungenheit und Authentizität. Dazu kommt eine Prise Nostalgie, was diese Häuschen so besonders macht. Damals wie heute sind die Wasserhäuschen in Frankfurt immer noch die „Kneipe des kleinen Mannes“.

Beitragsbild: @ depositphotos.com / Wavebreakmedia

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