Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn sich die Ratingagentur Moody´s zu Wort meldet. Jetzt hat sich Moody´s zur Türkei geäußert und das Land noch weiter nach unten gestuft. Das heißt, das Leistungsbilanzdefizit der Türkei wächst weiter an und das Interesse der Anleger schwindet mehr und mehr. In der Türkei steigt die Gefahr, dass es zu einer ernsten Finanzkrise kommt, daher hat Moody´s auch die Kreditwürdigkeit des Landes weiter herabgestuft. Begründet wird dieser drastische Schritt unter anderem mit der weiter schwindenden Wirkung der Geldpolitik.

Die Türkei ist hoch verschuldet

Die Ratingagentur Moody´s hat die Türkei nicht nur herabgestuft, sie warnt auch eindringlich vor einem gestiegenen Risiko durch einen externen Schock. Gemeint ist damit nicht nur das sehr hohe Leistungsbilanzdefizit, vor allem sind es die stetig wachsenden Schulden im Ausland. Das macht Moody´s im Hinblick auf zunehmende politische Gefahren und die steigenden Zinsen große Sorgen. Das Risiko einer Wirtschafts- und Finanzkrise in der Türkei ist sehr real und sehr hoch. Im Moment funktioniert die Wirtschaft im Land nur, weil die Binnennachfrage mithilfe des Staates gestützt wird und die Türkei noch Schulden im Ausland machen kann. Diese Spielräume sind jedoch immer kleiner geworden, da die Ausgaben des Staates nicht unendlich sind. Das Interesse der Anleger lässt hingegen immer mehr nach, und zwar immer dann, wenn in den USA oder in einem anderen Land die Zinsen steigen.

Die große Gefahr einer Inflation

Mit einer stark zugenommenen Inflation ist der Außenwert der türkischen Lira immer weiter gesunken, was sich auch negativ auf die Handelsbilanz auswirkt. Die Türkei ist vor allem von Energieexporten abhängig, die das Land in Dollar bezahlt. Wenn aber trotz der fallenden Lira der Export nicht so schnell wächst wie der Import, dann wird es gefährlich und es droht eine Wirtschaftskrise. Das dabei entstehende Defizit wird mit immer stärkeren Zuflüssen aus dem Ausland finanziert. Das fällt jedoch immer schwerer, wenn die Währung sehr schwach ist und die Zinsen im Ausland hoch sind. Damit hat die Türkei alles, was eine handfeste Wirtschaftskrise braucht.

Es gibt auch Optimisten

Nicht alle sehen die Türkei am Rande einer Wirtschaftskrise, es gibt auch Ökonomen, die weniger pessimistisch in die Zukunft blicken. Für viele Wirtschaftswissenschaftler sind die Finanzen der Türkei vollkommen in Ordnung und auch die Last der Schulden ist geringer als in vielen anderen Ländern weltweit. Damit hat die Türkei nach Ansicht von Experten auf lange Sicht gesehen ein höheres Wachstumspotenzial als andere, vergleichbare Volkswirtschaften. Zudem ist nach Meinung von Wirtschaftsfachleuten das Bankwesen in der Türkei belastbar. Die Quote der Kredite, die von Ausfällen bedroht sind, gehört nämlich zu den niedrigsten im internationalen Vergleich.

Auf Ramschniveau

Ratingagenturen wie Moody´s sorgen immer wieder für Wirbel. Die Bewertungen der Agentur sind entscheidend, wenn es um Kreditwürdigkeit und Ansehen von Volkswirtschaften geht. In Sachen Türkei ist Moody´s mehr als pessimistisch und kann den wohlwollenden Ausführungen einiger Wirtschaftsexperten nicht ganz folgen. So liegt laut Moody´s die Bonität der Türkei bei langfristigen Verbindlichkeiten bei nur noch „Ba2“, das heißt, zwei Stufen tief im Bereich des Ramsches. Die wichtige Investigationsstufe, die als Richtlinie für Investoren gilt, hat die Türkei bereits 2016 sowie 2017 nach dem Putschversuch verloren und das nicht nur bei Moody´s, sondern bei allen drei großen Ratingagenturen. Eine nochmalige Herabstufung ist jetzt nicht mehr so bedeutend. Während das Leistungsbilanzdefizit und die Finanzierungsnotwendigkeiten im Ausland bekannt sind, gibt es neuen Anlass zur Sorge. So stellen die straffe Geldpolitik der USA, die neusten Ausschläge auf dem internationalen Finanzmarkt sowie die stetig wachsenden politischen Spannungen zwischen Ankara und Washington eine neue, große Gefahr dar.

Ist die Türkei ein Sorgenkind?

Beobachter sehen vor allem Gefahren, wenn es um die Kreditwürdigkeit des türkischen Staates geht. Die Gesellschaft in der Türkei ist tief gespalten und den Aufbau eines Präsidialsystems sehen viele mit großer Sorge. Tritt dieses System in Kraft, dann nimmt die Berechenbarkeit in der türkischen Politik rapide ab. Darunter leidet auch das Investitionsklima zwischen der Türkei und den USA. Je mehr sich die Türkei in den Syrienkonflikt einmischt, umso stärker ist auch das geopolitische Risiko. Was den Tourismus angeht, nimmt das Land zwar wieder Fahrt auf, aber das wird durch die Rückschläge in der Politik und die schlechte Sicherheitslage wieder zunichtegemacht. Trotzdem haben viele Sorgen, wenn es um die sinkende Bonität der Türkei geht, da der Druck auf Präsident Erdogan sich immer weiter verschärft.

Das Ansehen schwindet

Für den türkischen Präsidenten gibt es im Moment zwei ganz unterschiedliche Realitäten. Auf der einen Seite wird Erdogan in der Türkei für seine politisch und militärisch harte Hand verehrt. Auf der anderen Seite wird sein Ansehen im Ausland immer schlechter. Mit seiner Bewertung hat Moody´s das schlechte Ansehen noch weiter verstärkt, denn wer bei der Kreditwürdigkeit auf der gleichen Stufe wie Costa Rica und Kroatien steht, der spielt im globalen Spiel nicht mehr mit. Es ist nicht nur der Vergleich mit zwei anderen, eher unbedeutenden Staaten, die den Stolz von Präsident Erdogan verletzen. Dem türkischen Präsidenten wird auch nicht gefallen, wie Moody´s diese Zurückstufung begründet. Moody´s sieht die Gerichtsbarkeit des Landes in der Kritik, aber auch die Notenbank macht Sorgen.

Die Märkte reagieren

Nach der Abstufung durch Moody´s haben die Märkte sofort reagiert. Die türkische Lira verlor nur leicht, heftiger war die Reaktion an den Anleihemärkten. Die Renditen für die Türkei Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren schossen nach Bekanntwerden der Moody´s Bewertung um zehn Basispunkte nach oben, das Ganze stoppte erst bei fast 13 Prozent. Wie es weiter geht, kann heute keiner so genau sagen, aber eine weitere Herabstufung der Türkei durch eine Ratingagentur ist nicht unwahrscheinlich. Wäre das der Fall, dann rückt das die Türkei in die unmittelbare Nähe einer Zahlungsbilanzkrise und Wirtschaftskrise.

Aktuell lebt die Türkei weit über ihre Verhältnisse, da die Türken mehr Waren importieren, als sie selbst exportieren. Dazu kommt der steigende Ölpreis, der ebenfalls für Lücken sorgt. Gestopft wird diese große Lücke mit Kapital aus dem Ausland. Wenn das nicht mehr gelingt, dann droht die Zahlungsbilanzkrise. Retter wie der Internationale Währungsfonds müssten der Türkei zur Hilfe eilen, um dem Land finanziell unter die Arme zu greifen.

Beitragsbild: @ depositphotos.com / Paopano

[ratings]